Rückweg

Herrlicher Westwind lockt uns am nächsten Morgen aufs Meer hinaus. Die Rückfahrt zum Ria Formosa fällt wieder einmal unter die Kategorie Traumsegeln. Achterlicher Wind mit 10-14 kt unter Blister, unterstützt von sanfter Welle, dazu leckere Häppchen und kühle Getränke. So geht es den ganzen Tag fröhlich dahin. Unter abendlicher Sonne spielen Sardinenschwärme so weit das Auge reicht. Man kann sie sogar in der leicht welligen See noch ausmachen. Steuerbord voraus tummeln sich ein paar Fischerboote und bedienen sich reichlich in der Natur.

Kurz vor Sonnenuntergang gelingt den Fischern ein stattlicher Fang. Mit einem leichten Rumpeln und einer spürbaren Verzögerung bleibt die GALEB an einer Ringwade hängen. Sofort wird das Segel gestrichen und wir kommen von dem Netz relativ leicht wieder frei – glücklicherweise haben sich weder Schiffsschrauben noch Ruderblätter verhängt. Nur leider sitzen wir jetzt inmitten des Kreises aus bräunlichen Schwimmkörpern, der selbst aus unmittelbarer Nähe nur schwer auszumachen ist. Unter uns mehr Fisch, als wir jemals essen könnten, aber keiner hat den Nerv, sich mit dem Käscher zu bedienen. Stattdessen kommt uns ein Fischer im Beiboot zur Hilfe und wirft uns eine Leine über. Mit seinem Außenborder kommt er ganz lässig über die Netzkante, aber wir bleiben auf dem Weg in die Freiheit nachhaltig hängen. Da hilft auch ziehen und zerren mit dem Beiboot nix. Ich kann uns letztlich nur befreien, indem ich mit Schnorchel in den glücklicherweise warmen Atlantik springe und das gespannte Netz von beiden Saildrives zerre. Die wiedergewonnene Freiheit fühlt sich prima an – unter Blister können wir sofort wieder Fahrt aufnehmen. Unseren Leidensgenossen, den Sardinen bleibt die Flucht verwehrt – ihr Schicksal ist besiegelt.

Unseres jedoch noch nicht. So fahren wir munter in die Nacht hinein und können direkt auf die Einfahrt zum Ria Formosa zu halten. Mit fallendem Wasserstand hilft uns sogar die Strömung bis dorthin etwas, wobei in der Einfahrt bis zum Niedrigwasser ordentlich Gegenstrom zu erwarten ist. Entlang der Küste unter glitzernden Sternen und gurgelndem Kielwasser – so gefällt uns das Leben. Bis der Ruf des Skippers der Gemütlichkeit ein jähes Ende setzt: „Ruder hart Steuerbord!“ Das Echolot zeigt nur noch wenige Handbreit unter den Kielen und die Brandung rauscht schon vor uns. Laut Seekarte sollten es noch über drei Meter Wassertiefe haben, aber auf die Sandbänke ist ebenso wenig Verlass, wie auf die heimischen Kreditinstitute. Diese Bank wurde offenbar erst kürzlich eröffnet und stellt sich uns frech in den Weg. Nicht auszudenken, wenn wir jetzt eine Stunde vor Niedrigwasser in der zwar sanften aber trotzdem vernichtenden Brandung festsitzen würden. Ich konnte den Sand schon fast spüren. Durch den Richtungswechsel zeigt der Tiefenmesser langsam die rettenden zusätzlichen Zentimeter. Geschafft! Nochmal dem Schicksal vom Haken gesprungen.

Jetzt nur noch einen kleinen Schlenker und wir sind zwischen dem roten und grünen Leuchtturm der Einfahrt. Kürzlich konnte ich erstmals in Portugal dicken Nebel erleben, so dass man nur mit Hilfe von GPS und Radar ins Loch schlupfen konnte. Diesmal war das glücklicherweise nicht nötig. Kurz hinter der Einfahrt werfen wir die Kralle in den Sand und alle verkriechen sich in die Kojen. Alles gut.

Demnächst machen wir einen Ausflug nach Lissabon. Die Westküste von Portugal ist um diese Jahreszeit recht ungemütlich. Ständig um 30 kt Nordwind und heftige Wellen. Ideal zum Surfen, aber nix für meine Crew. Ich besorge schonmal ein paar Bustickets…

(Wolfgang)

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2 Antworten zu Rückweg

  1. Roland sagt:

    Vielen Dank für den schönen Bericht – wie immer sehr witzig und nett geschrieben!

  2. Merz, Dieter sagt:

    Lieber Wolfgang, Fischernetze scheinen Dich magisch anzuzuiehen.Das ging ja nochmals glimpflich ab. Nett geschriebener Bericht!
    Ich habe es miterlebt.
    Gruß Vater.

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