Gibraltar

Nach dem gemütlichen Mittags-Frühstück an Bord gehen wir zu Fuß nach Gibraltar. Dabei können wir jetzt die fast endlos erscheinende Autoschlange sehen, deren Hupkonzert schon seit den frühen Morgenstunden auf dem Boot zu hören war. Es sind die Wartenden vor der spanisch-britischen Grenze, die den Grenzbeamten vermutlich ihren Unmut über die lange Wartezeit akustisch mitteilen in der Hoffnung auf schnellere Abfertigung. Nachdem Andi sich auf spanischer Seite gegen den Hungertod abgesichert hat, – vermutlich war ihm bekannt, dass die Spanier des Öfteren in der Geschichte versuchten, die Bevölkerung von Gibraltar auszuhungern – überqueren wir zu Fuß die Grenze mit Passkontrolle entern wir auf der britischen Seite Pauls Minivan, in dem er uns die Sehenswürdigkeiten von Gibraltar zeigt. Übrigens fahren die Briten hier auf der richtigen Seite.

Zunächst fahren wir über die dem Meer zugewandte Ost-Seite des Felsens an die Kante Europas mit dem Leuchtturm von Gibraltar. Von hier aus ist Afrika nur noch 14 km entfernt und mit bloßem Auge sichtbar.

Anschließend geht’s weiter auf den Gipfel, wo wir bereits auf die berühmten schwanzlosen Affen treffen. Da sie wild leben, soll man sie nicht selbst berühren, weil die Gefahr groß ist, dass man dann „vom Affen gebissen“ wird, was Andi leider am eigenen Leib erfahren musste.

Milena freut sich über die Äffchen, die auf ihrer Schulter herumturnen – bis es ihr zu nass wird…

Es geht weiter zu der Burg der Mauren und dann zur Besichtigung der sehr beeindruckenden Tropfsteinhöhle (St. Michaels-Höhle), in der auch eine Tribüne für Konzerte eingerichtet ist.

Die nächste Station ist der Stollen der „Great Seage“, der großen Belagerung (1779-1783). Man kann hier 200 Meter dieses militärischen Stollens besichtigen. Lebensgroße Figuren und Geschütze aus der damaligen Zeit sowie Texttafeln und führen uns anschaulich in die Zeit der „Großen Belagerung“.

Jetzt fährt uns Paul hinunter in die Stadt, wo er vor der Kathedrale der heiligen Dreifaltigkeit sein Salär entgegennimmt und sich verabschiedet. Wir erkunden die Touristenmeile (main street) mit vielen Läden und die Parallel-Straße (irish town) mit den irischen Pubs. In allen Schaufenstern hängt die britische Flagge mit dem Bild der Queen anlässlich ihres diamantenen Kronjubiläums.

Auf dem Platz vor den „Casemates“, einer Stadtmauer mit Läden, machen wir. Als uns die Füße weh tun von dem vielen Laufen, das wir als Bootsfahrer schon gar nicht mehr gewohnt sind, gehen wir wieder zurück über die Landebahn und die britisch-spanische Grenze nach La Ligna und von dort zu unserem Boot.

(Michael)

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Tour de poor

Nach dem Winterlager an Land ist die GALEB endlich wieder im Wasser. Erfreulich viele Systeme waren klaglos in Betrieb zu nehmen und einige Verbesserungen konnten wir noch vornehmen, bevor wir die Reise aus unserem Paradies in Portugal zurück ins Mittelmeer antraten.

Die Siebenköpfige Besatzung startete zum Anfang der Pfingstferien in Richtung Gibraltar, nachdem nochmal ordentlich gebunkert wurde

– immer wieder erstaunlich, wie viel so ein paar Mäuler verdrücken.


Die Route stand eigentlich schon lange fest: von Portugal über Spanien nach Italien und weiter nach Griechenland. Unser portugiesischer Werftchef Sergio musste lachen, als er das erfuhr und meinte: „you are visiting all the poor countries“. Na ja – ein Blick in unsere entleerte Bordkasse gibt uns zumindest das gute Gefühl, unser Möglichstes zur Eurorettung in dieser Zone beigetragen zu haben.

Unser erster Schlag führt uns nun direkt nach Gibraltar.

(Wolfgang)

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Rückweg

Herrlicher Westwind lockt uns am nächsten Morgen aufs Meer hinaus. Die Rückfahrt zum Ria Formosa fällt wieder einmal unter die Kategorie Traumsegeln. Achterlicher Wind mit 10-14 kt unter Blister, unterstützt von sanfter Welle, dazu leckere Häppchen und kühle Getränke. So geht es den ganzen Tag fröhlich dahin. Unter abendlicher Sonne spielen Sardinenschwärme so weit das Auge reicht. Man kann sie sogar in der leicht welligen See noch ausmachen. Steuerbord voraus tummeln sich ein paar Fischerboote und bedienen sich reichlich in der Natur.

Kurz vor Sonnenuntergang gelingt den Fischern ein stattlicher Fang. Mit einem leichten Rumpeln und einer spürbaren Verzögerung bleibt die GALEB an einer Ringwade hängen. Sofort wird das Segel gestrichen und wir kommen von dem Netz relativ leicht wieder frei – glücklicherweise haben sich weder Schiffsschrauben noch Ruderblätter verhängt. Nur leider sitzen wir jetzt inmitten des Kreises aus bräunlichen Schwimmkörpern, der selbst aus unmittelbarer Nähe nur schwer auszumachen ist. Unter uns mehr Fisch, als wir jemals essen könnten, aber keiner hat den Nerv, sich mit dem Käscher zu bedienen. Stattdessen kommt uns ein Fischer im Beiboot zur Hilfe und wirft uns eine Leine über. Mit seinem Außenborder kommt er ganz lässig über die Netzkante, aber wir bleiben auf dem Weg in die Freiheit nachhaltig hängen. Da hilft auch ziehen und zerren mit dem Beiboot nix. Ich kann uns letztlich nur befreien, indem ich mit Schnorchel in den glücklicherweise warmen Atlantik springe und das gespannte Netz von beiden Saildrives zerre. Die wiedergewonnene Freiheit fühlt sich prima an – unter Blister können wir sofort wieder Fahrt aufnehmen. Unseren Leidensgenossen, den Sardinen bleibt die Flucht verwehrt – ihr Schicksal ist besiegelt.

Unseres jedoch noch nicht. So fahren wir munter in die Nacht hinein und können direkt auf die Einfahrt zum Ria Formosa zu halten. Mit fallendem Wasserstand hilft uns sogar die Strömung bis dorthin etwas, wobei in der Einfahrt bis zum Niedrigwasser ordentlich Gegenstrom zu erwarten ist. Entlang der Küste unter glitzernden Sternen und gurgelndem Kielwasser – so gefällt uns das Leben. Bis der Ruf des Skippers der Gemütlichkeit ein jähes Ende setzt: „Ruder hart Steuerbord!“ Das Echolot zeigt nur noch wenige Handbreit unter den Kielen und die Brandung rauscht schon vor uns. Laut Seekarte sollten es noch über drei Meter Wassertiefe haben, aber auf die Sandbänke ist ebenso wenig Verlass, wie auf die heimischen Kreditinstitute. Diese Bank wurde offenbar erst kürzlich eröffnet und stellt sich uns frech in den Weg. Nicht auszudenken, wenn wir jetzt eine Stunde vor Niedrigwasser in der zwar sanften aber trotzdem vernichtenden Brandung festsitzen würden. Ich konnte den Sand schon fast spüren. Durch den Richtungswechsel zeigt der Tiefenmesser langsam die rettenden zusätzlichen Zentimeter. Geschafft! Nochmal dem Schicksal vom Haken gesprungen.

Jetzt nur noch einen kleinen Schlenker und wir sind zwischen dem roten und grünen Leuchtturm der Einfahrt. Kürzlich konnte ich erstmals in Portugal dicken Nebel erleben, so dass man nur mit Hilfe von GPS und Radar ins Loch schlupfen konnte. Diesmal war das glücklicherweise nicht nötig. Kurz hinter der Einfahrt werfen wir die Kralle in den Sand und alle verkriechen sich in die Kojen. Alles gut.

Demnächst machen wir einen Ausflug nach Lissabon. Die Westküste von Portugal ist um diese Jahreszeit recht ungemütlich. Ständig um 30 kt Nordwind und heftige Wellen. Ideal zum Surfen, aber nix für meine Crew. Ich besorge schonmal ein paar Bustickets…

(Wolfgang)

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Läuft nicht immer rund

Auf unserer Reise in die Karibik haben wir gelernt, mit allerlei Unbill um zu gehen. Natürlich hat man nicht alles in der Hand. Zur Risikominimierung kann man lediglich versuchen, eine Reihe möglicher Probleme im Vorfeld durchzudenken und Maßnahmen zur Vermeidung zu ergreifen. Doch die Gegenwart weist immer wieder Überraschungen auf, die dann mit wachen Sinnen rechtzeitig erkannt werden müssen, damit ein Desaster vielleicht noch vermieden werden kann. So ist das im Leben ganz allgemein und beim Segeln ganz besonders.

Also habe ich erstmal einen Kontrollblick in die Motorräume geworfen, bevor wir uns zu einem Ausflug in Richtung Lagos aufmachen wollten. Backbordseitig war das durchaus ergiebig, denn es stand bereits knöcheltief das Wasser unter der Maschine. Ein kurzer Testlauf offenbarte sofort die Ursache: das Mischerrohr für Abgas und Kühlwasser war am Flansch durchgerostet. Beim Versuch, das Ding vorsichtig abzubauen, zerlegte es sich in seine Bestandteile. Nicht auszudenken, wenn sowas bei laufendem Motor passiert: der Motorraum wäre in Kürze voll Seewasser gepumpt. Gerade noch rechtzeitig ertappt! Also mal schnell ein Ersatzteil aus der Bilge gekramt und montiert – leider auch nicht ganz dicht. Die Schweißnaht muss an einer Stelle nachgebessert werden. Mit meinem Tretroller bin ich flugs bei unserer Werft und bitte den Schweißer um eine kleine Inox-Naht. Würde er ja gerne sofort machen, aber sein Schweißgerät ist kaputt. Nun denn – die Kiste habe ich ihm kurzerhand repariert. Als Dankeschön zieht der Schweißer so viele Kehlnähte, wie er auf dem kleine Teil nur unterbringen kann.

Für unsere Fahrt nach Lagos brauchten wir die Maschinen nicht wirklich, denn wir konnten herrliche Segelbedingungen nutzen. Traumsegeln entlang der Felsalgarve.

 

In der Bucht von Lagos briest es abends gehörig auf, so dass die Surfer aus ihren Löchern kriechen und den ablandigen Wind nutzen, um über die Wellen zu fliegen. Wir ankern über Nacht unmittelbar vor dem Strand auf gutem Sandgrund. Es pfeift mit 25-30 kt durch die Takelage. Die elektronische Ankerwache lässt den Skipper bei solchen Bedingungen ruhiger schlafen. Am nächsten Morgen ist wieder eitel Sonnenschein und wir verholen ein paar Meter weiter östlich, wo noch zwei andere Yachten liegen. Tagsüber genießen wir ausgiebiges Baden in Sonne, Sand und Meer. Gegen Abend frischt der Wind wieder auf und wir beschließen heute doch nicht weiter zu fahren. Der Skipper gesellt sich also mit dem bordeigenen Surfbrett zu den Eingeborenen und genießt jedes Knötchen mehr an Windgeschwindigkeit, das bestens in Speed umgesetzt werden kann. So geht es immer besser hin und her: Eine Halse vor der GALEB und die nächste kurz vor dem Strand. Dazwischen ca. 5 min auf der Finne des Surfbretts dahin reiten. Doch plötzlich fehlt auf dem Rückweg der Peilpunkt. Wo ist unser Kat? Gerade war er doch noch dort vorne vor der Kaimauer!? Wie ich näher komme, entdecke ich das Boot etliche Rumpflängen nach Lee versetzt und Carina, Felix und Moritz an Deck. Warum haben die mal schnell verlegt? In Sekundenschnelle bin ich mit dem Surfbrett längsseits und erfahre die ganze Geschichte:

Offenbar ging ziemlich schlagartig unser Anker auf Slip und wollte sich in dem Sandboden nicht wieder eingraben. Dabei wurde die GALEB ausgerechnet auf ein anderes Segelboot getrieben, das genau in Windrichtung dahinter vor Anker lag. Wie in einem schlechten Drehbuch zielte dessen Bug bei unserem Katamaran genau zwischen die Rümpfe. Nur die Ankerkette legte sich unter unserem Backbordrumpf durch und hielt den Gegner wenige Zentimeter vor dem Crash auf Abstand. Geistesgegenwärtig haben Felix und die Restcrew ihre einzige Chance genutzt und die Maschinen gestartet. Der Aufforderung, mehr Kette zu strecken, damit Platz zum Manövrieren entsteht, konnte die völlig paralysierte Besatzung des Opferbootes nicht nach kommen. In der Folge kam zwar die GALEB frei, schlug aber mit einer Schiffsschraube in die gespannte Ankerkette. Die Kette blieb zwar heil, aber der Schraube brach ein Zacken aus der Krone.

 

Nachdem ich mich vom Wohlbefinden der beiden Kanadier und ihres Bootes überzeugt hatte, beschlossen wir, sofort den Rückweg nach Portimao anzutreten und den abendlichen Wind in Strecke umzusetzen. Ein Stündchen auf Raumkurs wurde mit einem ruhigen Liegeplatz und einem Feuerwerk belohnt.

Am nächsten Tag sollte es bei gemütlichem Westwind zurück nach Olhao gehen.

Wird diese Fahrt glatt gehen?

Hoffen wir das Beste, lieber Leser…

(Wolfgang)

 

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Life goes on

das Leben geht weiter. Die GALEB fährt wieder – die Eigner haben noch im Juli alle Systeme wieder zum Laufen und das Boot zurück in sein Element gebracht. Seither haben wir wieder viele Dinge erlebt, von denen ich hier gelegentlich einige erzählen will.

In der Lagune von Faro in Portugal hat die GALEB ihren zweiten Winter verbracht. Der Standplatz auf der Werft war leider ziemlich dreckig. Unser vormals weißes Boot hat nun millionen rostige Sommersprossen und ist zusätzlich durch einen feinen Schleier aus blauem Antifouling verziert. Eine aparte Mischung, die nur mühsam mit Chemie und Schweiß wegpoliert werden könnte – aber dafür ist mir mein Urlaub nun wirklich zu schade. Eine Möwe (kroatisch: Galeb) fliegt auch ohne blütenweißes Gefieder…

Apropos fliegen: In Süddeutschland gibt es im August den Feiertag „Maria Himmelfahrt“ – die Portugiesen sind doch eher maritim ausgerichtet und schicken ihre Madonna zur See.

Ich persönlich denke da eher amphibisch, denn mir ist egal, ob ich Ihre Obhut zu Lande, zu Wasser oder in der Luft genieße – mag ja überall recht nützlich sein.

Jedenfalls hatten alle unsere Abenteuer bisher ein Happy End – wer auch immer da seine Hand mit im Spiel hatte, hat letztlich einen guten Job gemacht. Vielen Dank!

(Wolfgang)

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Wiedersehen

Alle, die ihr nahe standen, konnten von Clothilde in Stille Abschied nehmen.
Sie war am Friedhof in Oberhaching offen aufgebahrt. Bis zur Beerdigung war sie dort rund um die zu Uhr besuchen.

(D+A+W+R Merz)

(Edit: die Beerdigung fand am 28.3.2011 statt)

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Abschied von Clothilde

Wir trauern um den Verlust unserer geliebten Clothilde Merz,
die am 21.3.2011 um 23:08 sehr plötzlich von uns gegangen ist.

Noch am Tag zuvor gestaltete sie, wie schon so oft mit ihren Blumen und ihrer Musik
ein großes Rauscher-Familienfest im Kreise ihrer Lieben mit. In der selben
Nacht klagte sie über starke Kopfschmerzen und verlor dann
in der Frühe gegen 2:00 das Bewusstsein aufgrund einer starken Hirnblutung.
Der Notarzt brachte sie unverzüglich ins Krankenhaus
der Barmherzigen Brüder, wo die dortigen Ärzte auf
dem Computertomogramm eine schwere Hirnschädigung als Folge feststellten.
Aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte sie nicht mehr.
Sie starb umgeben vom Kreis ihrer Familie sanft und schnell,
wie es auch sonst ihre Wesensart aber auch stets ihr Wunsch war.
So ging sie in einer Frühlings-Vollmondnacht in eine
Welt ohne Schmerzen und Mühsal.
Unsere Liebe, und unsere Musik begleiteten und begleiten sie.
Ihr großes Werk, ihre Gebete, ihre Bilder, ihre Musik,
all die Menschen, die sie in Verbindung brachte und ihre
Liebe, die wir im Herzen bewahren, begleiten uns in Dankbarkeit.

In tiefer Trauer
D+A+W+R Merz im Namen aller Angehörigen

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Der Trauergottesdienst und die anschließende Beisetzung finden
am Montag den 28.03.2011 um 10:00
in St. Stephan, Oberhaching statt

Anstelle zugedachter Blumen bitten wir in ihrem Sinne um eine Zuwendung zur Unterstützung einer ihrer Herzensangelegenheiten. (Barspenden auf der Beerdigung – Überweisungsdaten auf Anfrage)

Vorraussichtlich wird sie am Do. und Fr. 24/25.3.2011 im Friedhof Oberhaching aufgebahrt.

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Das Landei spricht

Mein Cousin Werner und Milenas Großeltern sind mittlerweile wieder im winterlichen Germanien, während Carina, Milena und ich mit frisch eingetroffener Christine weiter im Sonnenparadies ausharren – es fällt uns nicht wirklich schwer 🙂

Trotz geringer maritimer Vorkenntnisse, hat sich Werner an Bord bestens bewährt und bei seiner seemännischen Begabung wäre es schade, wenn er nicht bald wieder zu Wasser gelassen würde.

Er hat einige Eindrücke festgehalten:

(Wolfgang)

Portugal, Algarve
Lagos, 19.8.2010 ff

Hier an Bord der GALEB ist es ganz nett, alle Insassen sind entspannt und vertragen sich gut. Es wird viel gelesen, relativ wenig gesegelt:
Wolfgang hatte einigen Ärger (den er aber nicht gezeigt hat, Respekt) mit wenig sinnvollen bis unbrauchbaren Sachen an Segel und Zubehör.
Weil ja der Mast mit Fock und Großsegel und allen anderen Dingen im Atlantik liegt, hat er alles neu gebraucht; dabei hat die Segelmacherei so schlampig ge-arbeiten lassen, dass die erste Lieferung (Pfingsten) überhaupt nicht brauchbar war und das jetzt schon der 2. Satz ist!
Das Segel ist eigentlich (wieder) zu groß, und wenn es sich im Gebrauch dehnt, könnte es sein, dass Wolfgang es nicht weit genug nachspannen kann (heißt glaub ich „durchsetzen“). Die mitgelieferten „Latten“* (Stangen zum Großsegelversteifen) sind zu dünn und, wie ein hiesiger Segelmacher gesagt hat, von zu spröder Qualität, er würde so was nie in ein Segel einsetzen, denn wenn sie brechen (was bei starker Belastung schon mal sein kann), zerschlitzen sie vermutlich das Segel.
Hier ist allerdings August=Urlaubszeit und erst im dritten Anlauf (Faro/Vilamoura/Lagos haben wir hier wenigstens gerade ausreichend Meterware Latten bekommen, wenn auch nicht mit Wolfgangs Traumdicke, will meinen -maßen.
Der örtliche Segelmacher war sehr nett, wollte selbst in Urlaub und hat trotz einiger Zeit und Ratschläge nur die Materialkosten in Rechnung gestellt und Wolfgang auch noch einige nützliche Kleinigkeiten geschenkt (z.B. UV-beständigen Faden für Decklukensonnenschutzverkleidungen), hat als Kommentar zu dem Segel gemeint: naja inzwischen bekommt man also chinesische Qualität zum deutschen Preis….
Anpassen selber…, seltsam verteilte Lattenaufnahhmen ummontieren etc. perge perge.
Der Fahrtplan wurde also bisher von den technischen Notwendigkeiten vorgegeben.

Wolfgang ist dann während einer kleinen Ausfahrt Richtung Westen gestern, beim 1. Setzen des Großsegels ein von ihm zu knapp geschürzter Knoten (Patzsparen wg. des so großen Segels) aufgegangen, das Großsegel nach kürzester Fahrt wieder heruntergerauscht und die zum Setzen wesentliche Leine in den Mast gefallen – deshalb heißt es wohl Großfall; heute haben wir sie mit diversen seefahrtsfremden Hilfsmitteln wieder herausgefischt und jetzt funktioniert es hoffentlich?…

Nun ja so ist halt auch immer irgendwas instand zu halten oder anzupassen.

Die lange Fahrt von Vilamoura nach Lagos war ziemlich windig und schaukelig und fand nur mit dem Focksegel unter Motorunterstützung statt, hat mir aber nichts mehr ausgemacht; die kürzere vorherige Fahrt war mir etwas flau, wegen Hitze, Dieselgeruch und wenig Gewöhnung.

Ein klein wenig überhöhte Aktivität kommt immer beim Anlegen auf (Puffer=“Fender“ ausbringen, Festlegeleinen klarmachen und belegen usw.), weil der Katamaran schon etwas breit und schwer ist. Hat aber bislang ganz gut geklappt.
Meine, wenn auch kleinen, Knotenkenntnisse kann ich immerhin brauchen.

Lagos ist schon mehr im Westen bei der Felsalgarve (Ar. Al-Gharb=der Westen (des ehemals maurischen Herrschaftsgebietes)) und wir haben gestern einen Bade/Besichtigungsbootsausflug (blödes Wort – Ausfahrt scheint mir dann doch angemessener…) zu einigen sehr schönen Steinformationen/Grotten gemacht (s.o. unter Großsegel).

Der Ort Lagos ist eine recht gepflegte, nette, landschaftliche reizvoll gelegene Kleinstadt, wenn auch reichlich touristisch; was aber auch Vorteile hat (Verständigung u.a….).

Am 2. Abend haben wir, bei der Badeinsel Culatra vor Anker liegend, zur Gitarre einige Lieder gesungen und die Liederbücher, über die sich Wolfgang und Carina anscheinend gefreut haben, „eingeweiht“.
Weil wir seitdem meist in sog. „Marinas“ (=ne Art Campingplatz für Boote) liegen und übernachten und hier zwar einige Gesangsdarbietungen in durchaus gehobener Lautstärke zu vernehmen sind**, denn eine recht laute PA ist heutzutage ja keine besondere finanzielle Anstrengung mehr, aber die freie Pflege von gemeinsam gesungenem (deutschsprachigem) Liedgut vielleicht doch nicht auf allgemeines Interesse stößt, haben wir bis dato dieses Unterfangen nicht wieder aufleben lassen.

Internet gibts nur im Hafen und auch nicht immer problemlos (Passwörter u.a.).

Ach ja, und da war noch Meer, Sand, Wellen, Wind, Sonne, Sonnenuntergänge***, Vollmond, viele Masten, alle Sorten von Blau, Delphine und der ganze Schmäh.

ne denn Ahoi
wb, Katzubi

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*Interessant zu beobachten, wie traditionelle Dinge gerade in der Fachsprache ihre alte Bezeichnung bewahren, obwohl sie u.U. inzwischen doch recht deutlich andere Beschaffenheit haben…

**Ein gewisser Höhepnkt war am Freitagabend erreicht, als 3 Bands gleichzeitig zu hören waren, im Prinzip mit einigermaßen gleichem Repertoire (Wonderwall usw.) aber sich bedauernswerterweise nicht auf einen synchronisierten Gesamtablauf verständigen konnten und deshalb manche Lieder 2-3mal aber eben nicht simultan erklangen.
Nun ja, Polyrhythmik, -tonalität usw. dieser Art haben ja schon Charles Ives fasziniert – ob er wohl auch gern schlafen wollte, als er sich mehrere Blaskapellen im Sternmarsch von einem Kirchturm aus anhörte ?
Falls dann doch einmal Pause sein sollte, springen auf etwas leiserem Niveau 2-4 Bars mit Konservenmusik ein.
Dabei haben wir noch einen vom Epizentrum etwas abgelegeneren (jetzt hab ich das Wort zum 3. Mal gelesen, aber doch keinen Fehler entdeckt – mei des schaugt hoid einfach so komisch aus…) Liegeplatz…

***komischerweise gibts hier keine Sonnenaufgänge.

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